Mitgefühl verfassen
Schreiben Sie an dieser Stelle einige freie Worte, drücken Sie Ihr Mitgefühl mit einem Gedicht oder Zitat aus, oder verfassen Sie einige persönliche Worte, wenn Sie den Verstorbenen kannten.

Eine Kerze für Isi Kunze
Gestorben am 03.03.2021 in Berlin
wurde von Katja Katja Werner eine Kerze entzündet.
Vor 365 Tagen dachten wir noch, es sei einfach nur ein grippaler Infekt. Die Inzidenz war niedrig, das erste Weihnachten der Pandemie glücklicherweise schadlos in einsamer Distanz verbracht. In 10 Tagen sollten wir uns wiedersehen, am letzten Februarwochenende, einige schöne Stunden gemeinsam verbringen.
Nach 3 Tagen „krankmachen“ wollte mein seelischer Zwilling eigentlich wieder arbeiten, es ging ihr ja schon viel besser. Aber eine Kontaktperson war überraschend positiv getestet worden, als Besucher im Altenheim. Darum dann zum Schnelltest in die Apotheke, im Discounter gab es den noch nicht. 362 Tage seit positivem Antigentest.
360 Tage seit Beginn der großen Schwäche. So krank, wie nie zuvor.
356 Tage seit unserem letzten, sonst täglichen Telefonat. Seitdem gibt es diese so lieb gewordenen Gespräche nicht mehr, kein völlig freier und ungezwungener Austausch mehr über das, was wir erlebt, gefühlt und gedacht haben. Diese dauerhafte, vertraute Präsenz ist vergangen.
Auch 356 Tage seit der Einlieferung ins Krankenhaus, direkt auf die Intensivstation, lebensbedrohlicher Zustand. Die folgenden 5 Tage durfte ich am Krankenbett wachen, bis zur Unkenntlichkeit eingehüllt in Schutzausrüstung. Die Vertrautheit hat alle Hemmnisse durchbrochen. Wir konnten kaum miteinander sprechen, das Atmen viel zu schwer, trotz Sauerstoffschlauch und immer wieder Atemmaske. Ich hab sie nie zuvor so leiden sehen. Leder Atemzug eine Qual, jede Bewegung eine unendliche Anstrengung, jede Frage eine Tortur. Kaum ein Wort kam noch über die ausgedörrten Lippen. Wir brauchten keine Worte, wir wussten immer, was die andere dachte, nur die Nähe war wichtig. Ich bin unendlich dankbar, dass uns die letzte gemeinsame Zeit gewährt wurde. Viele andere mussten einsam durch diese Hölle gehen.
2 verzweifelte Tage und Nächte gefolgt von 2 Hoffnung gebenden. Dann die Abwägung der Prognosen und ihre rationale Entscheidung zum Abschalten der lebenserhaltenden Sauerstoffversorgung. Die Lunge war vom sich haltlos vermehrenden Virus komplett zerstört. Selbst wenn die schier unendliche Kraft gereicht hätte diese Infektion zu überstehen, wäre das Leben für ihr Empfinden nicht mehr lebenswert gewesen. Meine Seelenverwandte wollte autark sein, Abhängigkeit wäre ihr ein Graus gewesen. Sie wollte laufen, laufen, laufen, auf dem Hinterteil sitzen hat sie gehasst. Sie wollte arbeiten, ihren Haushalt selbst in Schuss halten, selber einkaufen. Sie war die agilste, körperlich und geistig fitteste Person, die ich kannte. Sie ist in größter Würde und glücklicherweise letztlich friedlich gegangen. Sie hinterlässt eine tiefe Lücke.
Seit 351 Tagen lebt sie nur noch in meinem Herzen weiter. Wir führen immer noch Gespräche, aber sie werden eintöniger. 351 Tage ohne Linderung des Schmerzes.
17.02.2022
Nur manchmal, da redet sie auch mit mir und schaut hier nach uns und begleitet uns.
Ihre Spuren werden uns immer an sie erinnern.