LIebe Eltern von Jessica,

ich weiß wie gerne Sie ihre Jessica beschützt hätten. Aber in diesem Alter, kann man leider nicht mehr so bewachen, sie gehen da bereits ihre eigenen Wege, müssen selbst herausfinden welcher Weg der richtige ist, und Fehler sind nicht zu vermeiden, auf dem Weg zum "Erwachsen" werden.
Warum Ihre Jessica nicht den Weg zu Ihnen oder Ihrer Frau gefunden hat, wird immer ein Rätsel bleiben, und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sie sich tagtäglich quälen, warum kommt sie nicht zu uns. Es gibt doch nichts was so schlimm sein kann, um es den Eltern nicht anzuvertrauen.
Und dann noch dazu diesen Schritt zu gehen, ist ja noch das Schlimmste was über Ihre Familie herein brechen konnte. Grausam genug, das eure Jüngste schon voraus gehen musste, dass ihre Zeit schon gekommen war, noch dazu das "wie" mit verkraften zu müssen, ist unvorstellbar was die ganze Familie mit durchleben muss.
Ich denke dass Jessica, jetzt täglich tausendmal um Verzeihung bittet, diesen Weg genommen zu haben und soviel Leid dadurch über die Familie gebracht zu haben. Sicher war ihr das vorher nicht bewusst, scheinbar hat sie garnichts mehr gedacht in diesen Minuten als sie es für sich beschlossen hat.
Verständlich dass Sie es niemals verstehen können und niemals verstehen werden, denn es gibt immer einen Weg, egal wie schlimm das Problem auch gewesen sein mag. Vielleicht war es auch kein Problem, wie Sie es sehen, nur Jessica hat es wohl anders gesehen. Dieses "Warum" steht immer im Raum und wird Sie auch immer quälen.
Doch Jessica sieht, dass Sie und die ganze Familie ihr nicht mehr böse sind, sauer ja, aber mittlerweilen ist das schon ganz nach hinten gerückt, denn sie lieben und vermissen sie unwahrscheinlich, wie alle Eltern ihre Kinder so unsagbar vermissen, und nur das steht im Vordergrund und wird sich niemals ändern.
Und das "beschützen" habe ich heute bei der Kerze hauptsächlich darauf bezogen, das man mit "kleineren" Kindern behutsam umgeht, sie behütet und immer beschütz, und ihnen nicht Gewalt antut, wie es leider viel zuoft immer wieder vorkommt.
Um das ist es mir bei meiner Kerze gegangen.
Ich hoffe, Sie haben das bitte nicht falsch verstanden von mir.
Wie gerne Sie immer ihre helfende Hand ihrer Jessica gereicht hätten, versteht sich von selbst, und das wird auch jeder nachvollziehen können, dass Sie immer, egal was ist, für alle ihrer Kinder da sind.
Kann mir gut vorstellen, dass Sie sich trotzdem immer mit Selbstzweifeln auseinandersetzen werden.
Doch das müssen Sie sicher nicht lieber Heiko.
Sie hat sich diesen Weg selbst ausgesucht, nur ob es Jessica bewusst war, was sie da gerade macht, das glaube ich nicht.
Diesen Schritt wird Jessica mittlerweilen längst bereut haben, aber den Schritt zurück war leider schon zu spät.
Behalten Sie ihr Mädchen immer so in Erinnerung wie sie immer war, und versuchen Sie bitte nicht zuviel an Ihnen selbst zu zweifeln.
Für die Erwachsenen wäre es vielleicht ein kleines Problem in ihren Augen gewesen, für Jessica war es ein großes Problem, welches Problem es auch immer gewesen sein mag.
Dieses Geheimnis hat Jessica mitgenommen.

Ich wünsche ihnen allen alle Kraft der Welt, stark für die Familie zu bleiben und auch für sich selbst, bitte versuchen Sie in kleinen Schritten nach vorne zu gehen, rückwärts wird es immer wieder mal gehen. Bitte verzagen Sie nicht, und irgendwann, sehen Sie auch wieder Licht nach der endlosen Dunkelheit in ihrem Herzen.
Lassen und geben Sie sich die Zeit auch dazu, zu trauern, es kann niemand verlangen, dass Sie wieder so sein sollen, wie Sie es einmal waren.
Das Leben wird nicht mehr das sein, was und wie es einmal war, und auch Sie und die Familie sind nicht mehr dieselben, wie vorher.
Jeder Mensch, ob Freund, Verwandter, Kollege müsste das doch verstehen können, wenn man mit so einem Verlust ein Leben lang leben muss.

Viel viel Kraft und Stärke wünsche ich Ihnen von Herzen.
ein stiller Gruss von mir,
Evi